Zweites Netzwerktreffen Theater der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO

Wie wichtig ist Sprache? Was passiert, wenn wir uns nur mit dem Körper ausdrücken? Im Workshop „Visuelle Kommunikation“ an der Evangelischen Schule Lichtenberg lernten die Teilnehmer*innen, was es heißt, sich nur visuell – ganz ohne Stimme – auszudrücken. 

In spielerischen Übungen führten die Theaterpädagogin Charlotte Bartesch und der Schauspieler, Choreograph, Tänzer und Theaterpädagoge Jan Kress vom Berliner FELD Theater für junges Publikum durch das Programm. Das Netzwerktreffen organisierte der Beauftragte für Theaterpädagogik der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO, Simon Gal, Mitte Februar in Zusammenarbeit mit Sabine Schirop, Schulreferentin der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO.

Wie präsent und stark wahrnehmbar man auch ohne Stimme sein kann, zeigte der von Geburt an Taube Jan Kress: Allein durch seine Körperhaltung und Gesten zog er alle Teilnehmenden mit seiner nonverbalen Kommunikation in den Bann. Simon Gal erklärt: „Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Inklusion durch Theaterpädagogik möglich wird. Das Bewusstsein für den eigenen Körper schafft Bewusstsein für unterschiedliche Wahrnehmungstypen.“

Teilnehmer*innen beim zweiten Netzwerktreffen Theater.
Foto: Privat

Ob jemand müde, munter, fröhlich, aufgeregt oder traurig ist, lässt sich sehr gut in visueller Kommunikation ausdrücken – noch besser funktioniert der Austausch, wenn man Grundlagen der Gebärdensprache kennt. Und so lernten die Teilnehmer*innen ganz nebenbei das Fingeralphabet der Gebärdensprache kennen, um sich gegenseitig vorzustellen.

Dann folgen Koordinierungsübungen mit dem Ball, die die visuelle Wahrnehmung schulen: Schnell wird der Ball zu dem/der nächsten Partner*in geworfen. Die Reihenfolge muss stimmen. Während im nächsten Augenblick ein Handzeichen dem anderen Partner in einer anderen Reihenfolge mitgeteilt wird. So wechseln sich Ball und Handzeichen ab. Dies erfordert die volle Konzentration der Teilnehmenden. 

Auch die Übungen, sich im Gegenüber zu „spiegeln“ oder beim Memoryspiel allein durch Gesten die Karte mit demselben Begriff zu finden, wie zum Beispiel Sonne, Blitz oder Buch sowie die nonverbale „stille Post“ zeigen, wie schwer es für Hörende sein kann, sich ohne Worte auszudrücken.

Genau das ist der Punkt, der Jan Kress wichtig ist: „Die Gehörlosenkultur ist eine ganz besondere. Mir ist wichtig, dass Theaterstücke nicht einfach nur von einem Hörenden geschrieben und dann von einem Gebärden-Dolmetscher übersetzt werden. Das passt nicht zusammen. Das ist eine vollkommen andere Wahrnehmung!“ Nur wenn es für Taube möglich sei, selbst Dinge zu kreieren und selbst auf der Bühne zu stehen, würden sie als Vorbilder angesehen: „Und das ist wichtig, da es nur so als völlig normal wahrgenommen wird, wenn auch Gehörlose auf der Bühne stehen.“

Aufklärung finde seiner Meinung nach heute noch viel zu wenig statt. Stattdessen begegne uns leider noch überall der „Audismus“, so zum Beispiel, wenn in der S-Bahn eine Ansage ertönt und alle Leute aussteigen, er aber nicht wisse, was los sei.

Er plädiert deshalb für eine bessere Vermittlung der Gebärdensprache. Viel zu lange wurde sie teilweise bewusst ausgegrenzt und war nicht erwünscht. Das müsse sich noch mehr ändern. Abbau von Barrieren, Inklusion und Partizipation hat im FELD Theater daher einen hohen Stellenwert.

Die Teilnehmer*innen kamen aus den Evangelischen Schulen Friedrichshain, Neukölln, Neuruppin und Zehlendorf. Teilweise kommen die Erzieher*innen und Lehrer*innen selbst aus dem Schauspielberuf und geben nun ihre Kenntnisse der Theaterpädagogik an ihre Schüler*innen weiter.

Einstimmig lobten die Teilnehmer*innen den Workshop. Vera, aus der Evangelischen Schule Neuruppin, betonte: „Ich bin sehr inspiriert und habe die Stille genossen, die die visuelle Kommunikation ermöglicht. Das ist eine sehr gute Übung für meine Schüler*innen.“

Wie wichtig die Theaterpädagogik an Schulen ist, unterstreicht der Beauftragte für Theaterpädagogik an der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO, Simon Gal: „Theater ist ein Raum der Wärme, in dem Kinder ihre Geschichten teilen können. Die Theaterpädagogik baut eine Brücke zwischen Kunst und Gesellschaft und bietet Schüler*innen den Zugang zu kulturellen Einrichtungen.“

Und Christine aus der Evangelischen Schule Neukölln drückt es so aus: „Theater ermöglicht, dass jede und jeder den Kaiser bzw. die Kaiserin in sich selbst entdecken kann. Dass jede und jeder die Einzigartigkeit in sich selbst findet!“

Das Netzwerktreffen Theater findet im regelmäßigen Turnus statt. Ziel ist es, den Erzieher*innen und Pädagog*innen neue Impulse und Werkzeuge mit auf den Weg zu geben, die sie für ihre Arbeit an den Schulen verwenden können und um sich untereinander zu vernetzten und auszutauschen.

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