„Wir lassen keinen freien Träger sterben“
Unter dem Motto „Wir sind Bildung“ fand am 18. September 2022 zum 20. Mal der Tag der Freien Schulen Berlin statt unter der Schirmherrschaft von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse und Professorin Barbara John, Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin.
Die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen – die AGFS Berlin – lud zum Bildungsmarkt und zur politischen Bildungsdebatte auf den Vorplatz des Deutschen Theaters ein. Mit dabei waren die bildungspolitischen Sprecher*innen Marianne Burkert-Eulitz, Grüne; Marcel Hopp, SPD; Paul Fresdorf, FDP; Franziska Brychcy, Die Linke sowie Katharina Günther-Wünsch, CDU.
Auf der Bildungsmesse konnten Interessierte – Eltern wie Pädagog*innen – mit vielen freien Schulen direkt ins Gespräch kommen und anschließend mit den bildungspolitischen Sprecher*innen vor Ort diskutieren. Die bildungspolitische Debatte möchte Anstoß sein, die Forderungen der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Berlin mit in die politische Debatte zu nehmen.
Dabei ging es um Themen wie fehlende Schulplätze, Beteiligung am Bau- und Sanierungsprogramm, Sach- und Energiekosten, unzureichende Finanzierung oder die fehlende Berücksichtigung von Inklusion, IT und Schulsozialarbeit bei den Schulzuschüssen.
In fünf Themengruppen wurde mit je einer oder einem bildungspolitischen*r Sprecher*in diskutiert.
Zum Thema Bau- und Sanierungsprogramm wurde noch einmal bekräftigt, dass freie Schulen an der Bauoffensive beteiligt werden sollten. Franziska Brychcy von den Linken sieht es zudem als sinnvoll an, eine regelmäßige Arbeitsgruppe mit der Senatsverwaltung einzurichten, um über das Thema zu sprechen. Auch ermunterte sie die Diskussionsteilnehmer*innen, öffentlich wirksame Aktionen zu starten, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Das Angebot der Freien Schulen, 3000 Schulplätze mit einer angemessenen Finanzierung zu schaffen, unterstützt sie.
In der Diskussionsrunde zum Thema Personal versprach Paul Fresdorf von der FDP, im Hinblick auf die Verbeamtung, kreative Lösungen in Form eines Modells „Spiegelstellen“ zu schaffen, also Planstellen, die für Lehrkräfte zur Verfügung stehen, die an Schulen in freier Trägerschaft arbeiten. Andererseits besteht jetzt durchaus ein Akquisevorteil durch den Wegfall der Erfahrungsstufe 5 bei Neueinstellungen an staatlichen Schulen, so mutmaßen einige Vertreter der Freien Schulen. Viele zukünftige Lehrkräfte könnten unter den veränderten Bedingungen den staatlichen Schulen letztendlich den Rücken zuwenden.
Fresdorf fordert, dass in den Fort- und Weiterbildungsprogrammen der staatlichen Schulen zehn Prozent den Lehrkräften und dem pädagogischen Personal aus den Schulen in freier Trägerschaft zur Verfügung stehen sollten.
In der Gruppe Finanzierung/ Energiekosten war Konsens, dass die Länder für die Energiekosten der Freien Schulen zuständig sind. Bis jetzt gibt es leider nur eine Absichtserklärung der Politik, aber noch keine konkreten Maßnahmen. Daher muss die AGFS weiterhin darauf dringen, beim Ausgleich der steigenden Energiekosten bedacht zu werden.
Hier stimmten die bildungspolitischen Sprecherinnen der CDU, Katharina Günther-Wünsch, und der Grünen, Marianne Burkert-Eulitz, darin überein, dass die Schulen in freier Trägerschaft in der Energiekrise gesichert und begleitet werden müssen. „Wir lassen keinen freien Träger sterben“, so Burkert-Eulitz.
Dies deckt sich mit der Forderung der Freien Schulen: Alles, was an Mehrkosten bei den Energiekosten entsteht, muss auch zu 100 Prozent übernommen werden vom Senat.
Beim Thema Finanzierung war man sich einig, dass die Zeit für eine neue Refinanzierung und einfacheres Finanzierungsmodell für Schulen in freier Trägerschaft noch nie so gut wie jetzt sei.
Der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO, Frank Olie, erklärte dazu: „Es hat sich gezeigt, dass das jetzige Modell, das sich nur auf die Personalkosten bezieht, nicht trägt. Ein Modell ohne Sach- und Betriebskosten ist nicht akzeptabel und gefährdet auf Dauer den Bestand Freier Schulen.“
Diskutiert wurde ebenfalls die notwendige Finanzierung von sonderpädagogischem Förderbedarf und Schulgeldersatz für BuT-berechtigte Familien: Beides soll auf jeden Fall mit in den nächsten Doppelhaushalt eingebracht werden, so Marcel Hopp, bildungspolitischer Sprecher der SPD. Auch sollen in Zukunft Konzepte, die der Segregation entgegentreten, eine Unterstützung erfahren.
Allgemein war der Wunsch nach einer besseren Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Schulen in freier Trägerschaft sehr groß.
Die Schirmherrin Barbara John formulierte treffend: „Wir wollen mehr Feuer in der Zusammenarbeit haben! Was können Sie als Politiker*in konkret jetzt für uns tun?“
Für Katharina Günther-Wünsch geht Wertschätzung ganz klar in die Richtung Refinanzierung: „Ich bin bereit in eine konstruktive Debatte mit meinen Kollegen zu gehen. Wir werden entsprechende Anträge einreichen.“
Und Paul Fresdorf erklärte: „Wir werden weiter für eine gute Finanzierung der Freien Schulen streiten sowie für eine bessere Beteiligung an den Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Wir lieben die Freien Schulen.“
Franziska Brychcy von den Linken setzt vor allem auf die Ausbildungsoffensive: „Wir unterstützen das Vorhaben, die Schulplatzmangelsituation zu beheben und sprechen zudem mit dem Staatssekretär über die Schulbauoffensive. Wir setzen aber vor allem auf die Ausbildungsoffensive, damit es genug Lehrkräfte gibt, von denen auch die Freien Schulen profitieren können.“
Jetzt muss es vor allem an die Umsetzung gehen, betonte Marcel Hopp: „Wir haben bereits Entwürfe in der Schublade zu liegen – auch Entwürfe über schulgesetzliche Änderungen, die werden wir jetzt vorantreiben.“
Auch die Grünen pochen auf Änderungen. Marianne Burkert-Eulitz erklärte: „Wir werden noch mal mehr Druck machen, was die Schulgesetzänderung angeht.“ Vor allem sei ihr aber das gute Miteinander der staatlichen und Freien Schulen wichtig, um Hürden abzubauen und Schule und pädagogische Konzeption insgesamt weiterzuentwickeln.
Abschließend bestärkte der Vorsitzende der AGFS, Andreas Wegener, die freien Träger: „Ermutigen Sie ihre Schulen, Parlamentarier*innen in die Schulen einzuladen, um etwas zu ändern! Denn sie bestimmen die Regeln. Aber es sind auch nur Menschen.“