Wehrbeauftragte Eva Högl besucht die Evangelische Schule Köpenick

Wie ist die aktuelle Lage der Soldat*innen in der Bundeswehr? Wie sieht die politische Arbeit für die Soldat*innen aus? Wie schätzt die Wehrbeauftragte die aktuelle Debatte ein? Zu diesen Fragen diskutierten rund 30 Schüler*innen der Grund- und Leistungskurse Politikwissenschaft der 11. Jahrgangsstufe der Evangelischen Schule Köpenick am 28. März mit der Wehrbeauftragten Dr. Eva Högl.

Die Jugendlichen hatten in ihrem Unterricht einen Fragenkatalog erarbeitet. Vier Schüler*innen moderierten das Gespräch mit Eva Högl. Die Wehrbeauftragte folgte einer Einladung des Schulleiters Michael Tiedje, der sie am Tag der offenen Tür im Bundestag einfach darauf angesprochen hatte, ob sie sich vorstellen könne, mit seinen Schüler*innen zu diskutieren.

Laut ihrem Bericht für den Deutschen Bundestag besuchte die Wehrbeauftragte im vergangenen Jahr 70 Kasernen und war 100 Tage unterwegs. Damit beantwortete sie auch gleich die Frage eines Schülers, wie eng ihr Kontakt zu den Soldat*innen sei. Högl antwortete: „Ich sehe mich als Anwältin der Soldat*innen. Daher ist mir der persönliche Kontakt zu ihnen sehr wichtig.“     

Auf die Frage, wie das 100 Milliarden-Programm, das für die Bundeswehr vorgesehen ist, umzusetzen ist, meinte sie: „Der Bundeswehr fehlt es an allem! Vor allem an persönlicher Ausstattung, Personal und natürlich auch an Einsatzgeräten. Die Kasernen sind in einem schlechten Zustand. Aber für die Umsetzung müssen alle Verantwortlichen – das zuständige Ministerium, der Bundestag und die Bundeswehr – an einem Strang ziehen. Dabei setze ich sehr große Hoffnung in unseren neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius.“ Högl hoffe, dass das Interesse an der Bundeswehr aufgrund der aktuellen Lage dafür sorgen werde, dass die Bundeswehr wieder schneller einsatzfähig und damit auch attraktiver werde.

Foto: Christoph Eckelt

Kritik hinsichtlich des schlechten Zustands der Bundeswehr kam auch von Seiten der Schüler*innen: „Hätte man nicht früher auf die unzureichenden Zustände reagieren müssen?“ Da muss die Wehrbeauftragte den Schüler*innen Recht geben: „Definitiv hätte man schon gleich nach der Annexion der Krim 2014 darauf reagieren müssen.“

Wehrpflicht hält sie zwar für sinnvoll, bevorzugt aber den Ansatz „so viel Freiwilligkeit wie möglich“. Ein Pflichtjahr für alle sieht sie noch nicht kommen.

Eine Schülerin wollte wissen: „Warum ist der Anteil der Frauen mit 13 Prozent in der Bundeswehr so gering?“ Die Wehrbeauftragte verwies darauf, dass erst 2001 nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, Frauen in allen Bereichen der Bundeswehr tätig sein dürfen. Vorher durften Frauen nur in bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel im Sanitätsdienst oder im Musikkorps der Bundeswehr, ihren Dienst ausüben. „Wir brauchen mehr Frauen in der Bundeswehr und mehr Frauen in Führungspositionen und das ist in einer traditionellen Männerwelt nicht so einfach“, ergänzte sie.

Foto: Christoph Eckelt

Worauf sie auch gleich auf Missbrauchsfälle und die bestehenden Maßnahmen dagegen angesprochen wird. Sie betonte: „Ich bin die direkte Ansprechpartnerin. Missbrauchsfälle werden von der Bundeswehr geahndet: Von konkreten Strafen über Verweise, Geldbußen bis hin zur Entlassung. Und wir im Amt der Wehrbeauftragten verfolgen jeden Fall sehr genau.  Aber am wichtigsten sind die Präventivmaßnahmen, damit es erst gar nicht dazu kommt.“

Auch zum Thema Diversität gab es Fragen von den Schüler*innen: „Die Bundeswehr tut sich noch schwer mit der Gleichgeschlechtlichkeit“, so Högl, „Früher wurden Homosexuelle als Sicherheitsrisiko für die Truppe angesehen.  Wir haben hier noch viel Handlungsbedarf.“ Aber sie betonte auch: „Vielfalt ist mir wichtig. Die Bundeswehr ist noch nicht so bunt, wie sie sein sollte, aber viel bunter als manche vermuten.“

Gerne erklärte sie den Schüler*innen auch, welche Aspekte ihre Arbeit noch umfasst.  Sie hält auch Kontakt zu Verbänden, wie dem Deutschen Bundeswehrverband, zu den Veteranenverbänden, aber auch zu Stiftungen und Kirchen. Aber natürlich kommuniziert sie auch mit den Ministern, Generälen, dem Bundestag und gerne direkt mit der Öffentlichkeit.

Als Wehrbeauftragte ist sie überparteiisch und musste deshalb ihr Bundestagsmandat für die Sozialdemokratische Partei abgeben.  

Was sie an ihrer Arbeit mag?  Sie habe eine ganz besondere Stellung, die im Grundgesetz verankert ist. Denn zu ihren Kernaufgaben gehöre über die Wahrung der Grundrechte der Soldatinnen und Soldaten sowie über die Einhaltung der Grundsätze der Inneren Führung zu wachen. „Als gelernte Juristin ist das für mich eine spannende und faszinierende Aufgabe“, erklärte Högl.

Rund 4000 Vorgänge bearbeiten sie und ihre 65 Kolleg*innen im Jahr.

Ein Thema, das die Schüler*innen auch sehr interessierte, ist der Rechtsextremismus und welche Probleme es damit in der Bundeswehr gibt. „Ja, wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus in der Bundeswehr, weil das auch in der gesamten Gesellschaft ein Problem ist“, meinte Högl, „hier ist sofortiges, konsequentes Handeln ebenso wichtig, wie eine gute Prävention.“

Daher sei es sehr wichtig für die Soldat*innen, sich zu den Werten wie Demokratie und Menschenrechten zu bekennen und diese Werte auch zu verteidigen.

Abschließend möchte noch ein Schüler wissen, was sie denn für ihren jetzigen Job qualifiziere? Lächelnd antwortete die Wehrbeauftragte, die sich selbst als überzeugte Christin sieht:
„Die Fähigkeit, mich gut auf der Verwaltungsebene auszukennen, meine juristische Ausbildung und die Empathie, mit der ich mich für individuelle Belange einsetze.“

Für die Zukunft wünscht sie sich ein großes Interesse, Wahrnehmung und Wertschätzung für die Bundeswehr. Das würden die 183.000 Soldatinnen und Soldaten verdienen, die mit ihrem wertvollen Dienst jeden Tag Freiheit, Frieden, Demokratie und Rechtsstaat in unserer Gesellschaft garantieren.

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